Ja, ich weiß. Wieder einer dieser Blogposts, der uns erzählt, was wir besser machen sollen. Hätten machen sollen. Rein nüchtern betrachtet haben haben wir 100.000 neue Wähler für uns gewinnen können. Kurioserweise haben wir sogar mehr Erst- als Zweitstimmen bekommen. Das wir zwischendurch natürlich mit ganz anderen Zahlen gerechnet haben ist klar. Somit komme auch ich zu dem Schluss, dass wir ziemlich verkackt haben. Dieser Wahlkampf hatte viele Tücken. So war es ein Zuspitzungswahlkampf zwischen CDU und SPD, wo es daneben eben kaum Platz für andere Parteien gab. Den Platz des es aber gab wurde dieses mal von einer rechtspopulistischen Partei eingenommen, die es beinahe sogar geschafft hätte in den Bundestag einzuziehen. Was ich so gehört habe und was ich auch hoffe ist, dass nicht jeder AfD-Wähler wusste, dass das Nazis sind (zumal es ihnen ja kaum einer gesagt hat).
Nun, was lernen wir aus dieser Bundestagswahl? Nun, es ist die zweite Bundestagswahl, an der wir teilnahmen, in der wir eines unserer „Kernthemen“ bespielen konnten und bei 2% gelandet sind. Hier in Hamburg haben wir uns sicherlich den Arsch aufgerissen, Infostände gemacht, geflyert, Plakate aufgestellt – Andere weiß Gott deutlich mehr als ich. Dafür haben wir auch ein Ergebnis erhalten, dass über dem Bundesschnitt liegt, wenn auch tlw. nur leicht. Wir haben auch in den meisten Wahlbezirken Stimmen dazugewinnen können, dies bewegt sich aber im Bereich von 0,1 und 0,2%. Man merkt also, egal wieviel Straßenwahlkampf wir machen, wir werden damit keinen Bundestagseinzug schaffen, wenn die äußeren Rahmenbedingungen gegen uns sprechen. Das hat man allerdings auch schon in Niedersachsen gesehen. Erneut identifiziere ich die Massenmedien als wichtigen Faktor um seine Botschaften unters Volk zu bringen. Kommt man dort nicht vor, kommt man nicht vor,
Man kann natürlich an dieser Stelle anbringen inwieweit die Medien mit uns Fair umgegangen sind. Man kann ihnen die Schuld, eine Teilschuld, geben, über sie schimpfen oder sonstiges. Klar, dieser Punkt läd dazu ein Fragen zu stellen – was ich ja auch immer gerne tue – allerdings sollte der Schluss, denn man zieht nicht sein, dass die alle doof sind, sondern, dass Medienaufmerksamkeit nichts ist, was einen in den Schoß fällt, sondern etwas ist, dass man sich erarbeiten und verdienen muss – so scheint das Spiel halt leider zu funktionieren, deal with it. Journalisten sind auch nur Menschen, die wir mit nicht eingelösten Versprechungen enttäuschen können – wie eben unsere Wähler. Wenn man dann noch eine suboptimale Wahlkampfstrategie hat, wie @dominikrzepka hier gut analysiert, sind die 5% relativ unwahrscheinlich. Vielleicht hätten wir aber auch nichts anderes machen können. Das sich nun einige Hansel hinstellen, Kernthemen beschwören und kurz vor der regulären Neuwahl meinen, dass Personen aus dem Vorstand zurücktreten sollten, ist nicht nur grober Unfug sondern eben auch genau dass, was weder jetzt, noch im Wahlkampf hilft. Und ob die SMV nun der letzte Weisheit Schluss ist, halte ich auch für Fragwürdig – mich hat am Infostand danach zumindest keiner gefragt.
Das heißt aber nicht, dass es mit den Piraten auf immer und ewig vorbei ist. Anders als Dominik Rzepka glaube ich zum Beispiel nicht, dass wir eine „historische Chance“ verpasst haben. Was wir tatsächlich verpasst haben ist eine Abkürzung in den Bundestag. Diese sind in der Regel nur selten vorhanden, allerdings eben auch nur genau das – Abkürzungen. Der reguläre Weg ist nämlich lang und steinig und geht über Bezirks- und Landespolitik. Wenn wir dort zeigen, dass wir vernünftige Arbeit leisten, wird man uns auch wählen. Dort wo wir dies tun, liegen wir oft genug auch über dem Bundesschnitt. Wenn wir das konstant weiter schaffen, haben wir bei der nächsten oder übernächsten Chance auf eine Abkürzung vielleicht Glück – nicht vergessen, bei den Grünen hat das auch länger gedauert.
Wir müssen unseren Blick in die Zukunft richten… und die sieht gar nicht mal so schlecht aus, wenn man sich das Ergebnis der U18-Wahl anschaut. Dort sind wir mit 12,1% viertstärkste Kraft. Es liegt nun an uns, dass wir dieses Wählerpotenzial dauerhaft an uns binden. Problem ist dabei leider unsere Jugendorganisation. Dort gibt es Leute, die in Kreisparlamenten sitzen, ordentliche Politik machen, solche die sich im Wahlkampf den Arsch aufreißen, aber eben auch solche, die das ganze wohl nicht wirklich ernst nehmen und ziemlich frei drehen. Und auch wenn es dort insb. im BuVo zuletzt ziemlichen Streit gab, sehe ich ein viel größeres Problem im organisatorischen Aufbau und in der Verwurzelung in der Mutterpartei.
Zum einen ist der Junge Piraten e.V. eine von der Partei rechtlich unabhängige Organisation. Das hat natürlich den Vorteil, dass sie nicht so stark unter der Knute der Partei steht, wie etwa bei den Grünen, wo die Jugendorganisation etwa über das zuweisen bzw. streichen von Mitteln erpressbar ist. Ganz piratig wurde das Potenzial des Machtmissbrauchs gesehen, denn Macht ist immer was schlechtes. Das Macht- bzw. Einflussausübung in beide Richtungen funktioniert wurde dabei wohl übersehen. Die Jupis machen somit so ziemlich ihr eigenes Ding und werden von der Piratenpartei dabei kaum beachtet, man könnte sogar sagen ignoriert. Das ist aber ein großer Fehler, brauchen wir unsere Jugendorganisation doch um den politischen Nachwuchs auszubilden und junge Wähler an uns zu binden.
Auch wenn es nur ein Baustein ist, denn wir machen müssen, so halte ich es für unbedingt notwendig, dass wir die Bindung zwischen Jupis und Piraten stärken und werde deshalb nach dem Hamburger Beispiel vorschlagen, dass einer der Beisitzer im BuVo umgewandelt wird, in den Posten des Jugendvertreters, der von den Jupis selber gewählt und vom Bundesparteitag bestätigt werden muss, damit unsere Jugendorganisation einen garantierten Sitz im Parteivorstand hat. Ebenfalls sinnvoll und überfällig ist die Herabsenkung des Eintrittsalters bei den Piraten auf 14 Jahre – ein Antrag, der meines Wissens nach schon in Bochum gestellt wurde. Dies führt zu mehr Überschneidungen bei den Mitgliedern und einer früheren Identifikation mit der Partei. Andererseits wird dies aber auch zu einer weiteren Professionalisierung innerhalb der Jupis führen, die nicht jedem dort schmecken wird. Das die Strukturen und der derzeitige Status Quo – der eher einer Duldung einer Jugendorganisation durch die Mutterpartei gleicht, als einer echten Zusammenarbeit – nicht so bleiben kann, sehen die Meisten hoffentlich ein.
Trotz unseres Wahlergebnisses gib es weiterhin Interesse an unseren Themen und an unserer Partei. Über Twitter gehen gerade Bekenntnisse herum, dass Leute gerade jetzt unserer Partei beitreten. auch auf unserer Wahlparty und an den Infoständen zuvor wollten einige unsere Stammtische besuchen kommen, auch wenn das schlechte Wahlergebnis absehbar war. Ich gebe die Hoffnung also nicht auf und ein Austritt, oder gar ein Wechsel zu einer anderen Partei kommt für mich gar nicht in Frage. Wo sollte ich auch hin? Keine andere Partei vertritt die Inhalte und Ideale, für die ich stehe, wie die Piraten. Wir müssen halt nur noch länger darauf warten, bis wir sie im Bundestag vertreten sehen.